Vorsicht Falle: Eignungskriterien gehören in die Bekanntmachung!
Die Eignung eines Bieters darf nur an den in dem Bekanntmachungsformular genannten Kriterien bemessen werden. Andernfalls kann einem zu Unrecht ausgeschlossenem Bieter sogar Schadensersatz für den entgangenen Gewinn zustehen. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 06.10.2020 (XIII ZR 21/19).
Der Entscheidung des BGH lag eine Ausschreibung unterhalb der Schwelle zugrunde, in welcher der öffentliche Auftragnehmer ein Unternehmen aufgrund fehlender Eignung ausgeschlossen hatte. Die Entscheidung stützte der öffentliche Auftraggeber auf ein Eignungskriterium, welches dieser nicht zuvor bekanntgemacht hatte. Das Unternehmen klagte daraufhin auf Schadensersatz für den entgangenen Gewinn.
Der BGH betont in dem Urteil erneut, dass sich nach seiner Rechtsprechung aus den Vergabeunterlagen eindeutig und unmissverständlich für die Bieter ergeben müsse, welche Voraussetzungen sie zu erfüllen haben, um den Auftrag erhalten zu können und welche Erklärungen und Nachweise hierzu eingereicht werden müssen. Insoweit treffe die Vergabestelle die Verpflichtung, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüche zu vermeiden.
Weiter nutzte der BGH die Chance, sich ausführlich mit den Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch auf entgangenen Gewinn auseinanderzusetzen. Hierzu führt der BGH aus, dass zwar in den meisten Fällen ein Schadensersatzanspruch aufgrund eines fehlerhaft durchgeführten Vergabeverfahrens auf den Ersatz des Vertrauensschadens begrenzt sei (sog. negatives Interesse), der Bieter also nur einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Teilnahme an dem Verfahren habe. Dem Bieter stehe aber dann ein weitergehender Anspruch auch auf den entgangenen Gewinn zu (sog. positives Interesse), wenn der übergangene Bieter den Auftrag bei einer ordnungsgemäßen Durchführung des Vergabeverfahrens erhalten hätte und der Zuschlag bereits erteilt wurde. Insoweit hat ein Gericht zu würdigen, ob der Bieter bei einer korrekten Prüfung und Bewertung des Angebotes anhand der bekanntgemachten Kriterien den Zuschlag hätte erhalten müssen. Irrelevant sei insoweit, ob das Eignungskriterium als solches zulässig war oder nicht.
Praxishinweis: Die Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, wie wichtig die Bekanntmachung der festgelegten Eignungskriterien ist. Die Eignungskriterien sind vor jeder Ausschreibung klar und eindeutig zu formulieren. Eine spätere Anwendung von nicht bekannt gemachten Eignungskriterien, selbst wenn diese für das Verfahren zulässig gewesen wären, ist unzulässig! Andernfalls steht den Bietern bei einem zu Unrecht erfolgten Ausschluss ein Schadensersatzanspruch zu. Sollte ein Auftraggeber also während eines Verfahrens feststellen, dass er Eignungskriterien vergessen hat, ihm diese aber wichtig sind, so muss er für sich überlegen, ob er die Vergabe aufhebt. Dann wird er allerdings Gefahr laufen, dass Bieter die Kosten einfordern, die sie für den bisherigen Aufwand hatten (vgl. Oberlandesgericht Celle im Beschluss vom 3.7.2018 (13 Verg 8/17)).
Das Urteil im Volltext kann hier abgerufen werden.
Ihre Ansprechpartner zu Fragen rund um das Vergaberecht: Dr. Roderic Ortner, Jan Helge Mey, Dr. Oliver Heinrich