Besonderheiten und Fallstricke bei Projekten unter dem Europäischen Verteidigungsfonds (EDF)
Der Europäische Verteidigungsfonds (European Defence Fund – „EDF“) stellt Geld aus dem EU-Haushalt für gemeinsame europäische Forschung und Entwicklung im Bereich der Verteidigung bereit. Er zielt darauf ab, Anreize für strategische Investitionen der Mitgliedstaaten in gemeinsame innovative Forschung und Entwicklung militärischer Fähigkeiten und in die europäische Verteidigungsindustrie zu schaffen.
Das dafür erforderliche Regelwerk, die EDF-Verordnung (Verordnung (EU) 2021/697), trat mit Veröffentlichung im Amtsblatt der EU am 12. Mai 2021 in Kraft und gilt rückwirkend seit dem 01. Januar 2021. Für das gesamte Förderprogramm mit einer Laufzeit von sieben Jahren sind ca. acht Milliarden Euro vorgesehen, wobei ein Drittel in Forschungsprojekte mit bis zu 100 Prozent Förderrate investiert wird und zwei Drittel in Entwicklungsprojekte. Diese haben mehrheitlich eine zwischen Förderrate 20 bis 80 Prozent, unter Einhaltung bestimmter Bedingungen können es mit Bonus auch bis zu 100 Prozent sein.
Wie bei Förderprojekten unter Horizon Europe setzt eine Förderung durch den EDF voraus, dass eine beabsichtigte Fördermaßnahme unter Zusammenarbeit eines Konsortiums erfolgt, welches aus mindestens drei förderfähigen Rechtsträgern besteht. Im Gegensatz hierzu ist der Kreis der teilnahmeberechtigten Rechtsträger bei einer EDF-Förderung jedoch beschränkt. Voraussetzung für eine EDF-Förderung ist, dass die an der Maßnahme beteiligten Rechtsträger, einschließlich Unterauftragnehmer, ihren Sitz in der EU haben. Zudem muss ihre Geschäftsführungsstruktur in der EU angesiedelt sein und sie dürfen nicht der Kontrolle durch ein nicht assoziiertes Drittland oder einen Rechtsträger aus einem nicht assoziierten Drittland unterliegen. In Bezug auf den letzten Punkt gibt es allerdings eine Ausnahmeregelung, wenn der Kommission Garantien vorgelegt werden, die von dem Mitgliedstaat oder dem assoziierten Land, in dem der Rechtsträger seinen Sitz hat, genehmigt wurden und die belegen, dass die sicherheitsbezogenen Bedingungen erfüllt sind.
Eine Beteiligung von Rechtsträgern mit Sitz in nicht assoziierten Drittländern ist also möglich, unterliegt jedoch Bedingungen, die zur Gewährleistung der Sicherheits- und Verteidigungsinteressen der EU und ihrer Mitgliedstaaten festgelegt wurden. Außerdem erhalten Rechtsträger aus nicht-assoziierten Ländern keine Fördermittel.
Bei einem erfolgreichem Projektantrag unter EDF zwischen dem Projektkoordinator und dem Fördergeber (vorwiegend die EU-Kommission, außerdem EEAS und die EDA) wird – wie auch bei Förderprojekten unter Horizon Europe – ein Fördervertrag (Grant Agreement) geschlossen. Dabei bedient sich der Fördergeber eines allgemeinen Musterfördervertrags (General Model Grant Agreement – „MGA“), der im November 2023 eine überarbeitet wurde und hier abrufbar ist.
Da über den EDF geförderte Projekte ihren Fokus im Verteidigungsbereich haben, unterliegen die ausgetauschten Informationen und Arbeitsergebnisse einer besonderen Sensibilität, wenn ihre Offenlegung potenziell die Sicherheit, Integrität oder Interessen eines Mitgliedstaats oder der Europäischen Union gefährden könnte (insbesondere bei Verschlusssachen). Um den damit verbundenen Risiken zu begegnen, enthält Annex 5 des MGA bestimmte einschränkende Maßnahmen für die Projektteilnehmer, die abhängig vom Einzelfall vom Fördergeber zur Anwendung gebracht werden.
So enthält Annex 5 des MGA beispielweise Beschränkungen hinsichtlich der Rechteübertragung bzw. Rechteeinräumung an Projektergebnissen. Darin heißt es auszugs-weise wie folgt:
“The beneficiaries may not transfer ownership of their results or, for Research Actions, grant exclusive licences to third parties which are established in countries which are not eligible countries or target countries set out in the call conditions (or are controlled by such countries or entities from such countries) — unless they have requested and received prior approval by the granting authority.”
Eine erhebliche Einschränkung kann ferner die Veröffentlichung von Projektergebnissen betreffen. Annex 5 des MGA trifft hierzu folgende Aussage:
“Where imposed by the call conditions, when implementing EDF actions, the beneficiaries must respect the following conditions: […] ensure that communication and dissemination activities (Article 17) request prior written approval by the granting authority before: implementing communication or dissemination activities.”
Ein weiterer wesentlicher Unterschied von EDF-geförderten Projekte gegenüber Förderprojekten unter Horizon Europe besteht darin, dass keine finanzielle Ausfallsicherheit vorgesehen ist. Bei Horizon Europe existiert der Mutual Insurance Mechanism („MIM“), durch den die Projektteilnehmer gegen bestimmte Zahlungsausfälle abgesichert werden. Vor diesem Hintergrund haftet jeder Projektteilnehmer in EU-geförderten Projekten unter Horizon Europe gegenüber dem Fördergeber nur für seine eigenen Verbindlichkeiten. Da weder der MIM – und auch kein entsprechendes Pendant – in EDF-geförderten Projekten etabliert wurde, ist dort der Fördergeber vor Zahlungsausfällen einzelner Partner nicht geschützt. In Art. 22.2 des MGA wird daher zu Gunsten des Fördergebers eine Option zur Aufnahme einer gesamtschuldnerischen Haftung der Projektpartner gegenüber dem Fördergeber vorgesehen, die bei Zahlungsausfällen einzelner Partner im Falle von Rückzahlungsforderungen durch den Fördergeber zur Anwendung kommt.
Wie auch bei Förderprojekten unter Horizon Europe müssen die Projektpartner bei einer EDF-Förderung eine schriftliche Vereinbarung (Consortium Agreement – „CA“) treffen. Für die Erstellung des CA werden in der Regel die Musterverträge für Horizon Europe (etwa „DESCA“ oder „MCARD“) herangezogen. Bei der Erstellung des CA ist u.a. jedoch den vorgenannten Besonderheiten aus dem MGA besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Aufnahme entsprechender Vertragsklauseln im CA ist hierfür erforderlich, um Widersprüche und Lücken zwischen dem CA und dem MGA zu vermeiden.
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