Digitale Inhalte: BMJV legt Referentenentwürfe vor
Am 3.11.2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Referentenentwürfe zur Umsetzung der europäischen „Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen“ (Richtlinie (EU) 2019/770) veröffentlicht. Nachfolgend geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die wesentlichen geplanten Änderungen am deutschen Vertragsrecht:
Künftig gelten an das Kaufrecht angelehnte Gewährleistungsrechte für sämtliche Verbraucherverträge über digitale Inhalte (z.B. Musik- und Videodateien, E-Books, Apps, Spiele und sonstige Software) und digitale Dienstleistungen (z.B. soziale Netzwerke, Cloud-Anwendungen und Cloud-Speicherdienste). Diese sollen systematisch im allgemeinen Schuldrecht in den §§ 312 ff. BGB, bei den Grundsätzen zu Verbraucherverträgen verankert werden. Die Regelung gilt auch für solche Verträge, bei denen mit personenbezogenen Daten „bezahlt“ wird. Dies ist insbesondere bei sozialen Netzwerken der Fall: Die Einrichtung eines Nutzerkontos muss nicht vergütet werden, stattdessen gestattet man dem sozialen Netzwerk gewisse Verwertungsrechte an den dort angegebenen personenbezogenen Daten.
Darüber hinaus beinhaltet der Entwurf eine Updatepflicht für Anbieter von digitalen Produkten. Anbieter müssen künftig funktionserhaltende Updates und Sicherheitsupdates bereitstellen und den Verbraucher über die zur Verfügung stehende Aktualisierung informieren. Hinsichtlich des Zeitraums der Bereitstellung von Updates wird zwischen digitalen Inhalten, die über einen laufenden Zeitraum zur Verfügung gestellt werden und einer einmaligen Bereitstellung unterschieden. Während der Hersteller bei erster Alternative Updates über die gesamte Vertragsdauer bereitstellen muss, gilt diese Verpflichtung bei zweiter Alternative so lange wie ein Verbraucher dies vernünftigerweise erwarten kann. Dass es sich dabei um keinen festgelegten Zeitraum handelt kann zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen. Denn der Zeitraum ist ausdrücklich nicht auf den Ablauf der Gewährleistungspflicht beschränkt, sondern kann darüber hinausgehen. Anhaltspunkt ist die übliche Nutzungsdauer einer Sache. Bei Anwendungen, wie z.B. im Kfz integrierte Navigationssysteme, wird der Zeitraum wohl erheblich über die Gewährleistungsfrist hinausgehen. Ferner muss der Verbraucher nicht nur über das Erscheinen der Aktualisierung informiert werden, sondern auch über die Konsequenzen einer unterbliebenen Installation. Denn die Installation selbst obliegt dem Verbraucher. Kommt der Anbieter der Informationspflicht nach, wird er aus der Haftung entlassen.
Online-Markplätze, wie etwa Amazon oder eBay, haben besondere Transparenzpflichten zu beachten. So müssen Verbraucher etwa darüber informiert werden, ob es sich bei deren potentiellen Vertragspartner um einen Unternehmer oder einen Verbraucher handelt. Ferner müssen spätestens ab Beginn des Bestellvorgangs die wesentlichen Kriterien des Rankings von Suchergebnissen und deren Gewichtung offengelegt werden. Die Regelungen zur Offenlegung der Gewichtung sind im Wesentlichen bereits in der unmittelbar anwendbaren P2B Verordnung niedergelegt. Näheres dazu finden Sie hier.
Neue Regelungen gelten ferner für Ticketbörsen. Bei dem Weiterverkauf von Eintrittskarten müssen Verbraucher künftig über den vom Veranstalter festgelegten Originalpreis der Eintrittskarte informiert werden. Ist der Endpreis aufgrund einer automatisierten Entscheidung personalisiert worden, so müssen Verbraucher hierauf hingewiesen werden.
Fazit zum neuen Gesetz über digitale Inhalte
Die Referentenentwürfe enthalten mithin einen bunten Straus verbraucherschützender Vorschriften, die den Onlinehandel für Verbraucher noch transparenter und sicherer gestalten sollen. Unternehmen sollten die Umsetzung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Schließlich beinhalten die Entwürfe auch verschärfte Sanktionen bei Verstößen. Verstöße mit Unionsdimension gegen Regelungen des Verbrauchervertragsrechts sollen künftig mit einem Bußgeld geahndet werden können. Sachlich zuständige Behörde hierfür ist das Bundesamt für Justiz.
Unser Experte Dr. Philip Lüghausen steht Ihnen bei allen Fragen des eCommerce-Rechts gerne beratend zur Verfügung.
Die Referentenentwürfe sind hier abrufbar.