Panoramafreiheit für Drohnenfotos
Drohnenfotografen wird es freuen: Nach dem Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 25.11.2020 (Az. 2-06 O 136/20) können sich Drohnensteuerer künftig auf die sogenannte Panoramafreiheit nach § 59 Urheberrechtsgesetz (UrhG) berufen.
Was war geschehen? Die Parteien stritten vor dem Gericht um urheberrechtliche Ansprüche in Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Fotos von einer Brücke im Internet. Die Klägerin, ein Ingenieurbüro, stellte im Jahr 2016 die „Lahntalbrücke Limburg“ fertig. Vertraglich wurden ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Projekt eingeräumt. Der beklagte Fotograf fertigte mit seiner Drohne Fotografien der Brücke an und bot diese im Internet zum Kauf an. Er gewährte den Käufern der Fotos ein einfaches Nutzungsrecht daran, was lediglich die eigene Nutzung und nicht die Weitergabe an Dritte erlaubt. Das Ingenieursbüro verklagte den Fotografen daraufhin auf Schadensersatz; es sah in der Veröffentlichung und Weitergabe der Fotos seine Urheberrechte verletzt.
Zu Unrecht, wie das LG Frankfurt befindet: Die öffentliche Zugänglichmachung ist durch die sogenannte Panoramafreiheit gedeckt. Bei der Panoramafreiheit handelt es sich um eine Einschränkung des urheberrechtlichen Schutzes an Werken. Die Panoramafreiheit ermöglicht es jedermann urheberrechtlich geschützte Werke, die von öffentlichen Verkehrswegen, Straßen oder Plätzen sichtbar sind bildlich wiederzugeben. Die Erlaubnis des Urhebers braucht es dafür nicht. Rechtsgedanke des § 59 UrhG ist, dass (Kunst-)Werke, die der Urheber an öffentlich zugänglichen Orten aufstellt, der Allgemeinheit gewidmet sind, womit die Möglichkeit gerechtfertigt ist, das Werk abbilden zu dürfen.
Bislang erkannte der Bundesgerichtshof (BGH) die Panoramafreiheit für Luftaufnahmen von Gebäuden nicht an. Kernargument des Gerichts war, dass durch die Aufnahme aus der Luft Teile des Gebäudes abgebildet werden, die –wie von § 59 UrhG gefordert– nicht von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen eingesehen werden können (BGH, GRUR 2003, 1035, 1037 – Hundertwasser-Haus). Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt ist vor diesem Hintergrund besonders brisant, da sie mit dieser Leitrechtsprechung bricht.
Das Landgericht hält es für geboten, die Vorschrift richtlinienkonform anhand der europäischen Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts, der sogenannten InfoSoc-Richtlinie (Richtlinie 2001/29/EG), auszulegen. Nach der Richtlinie ist allein maßgeblich, dass sich das abgebildete Werk an einem öffentlichen Ort befindet; der Blickwinkel, aus dem das Werk betrachtet wird, ist jedoch nicht relevant. Einschränkungen bezüglich der Hilfsmittel, denen sich bei der Abbildung des Werkes bedient werden darf, sind in der Richtlinie ebenfalls nicht kodifiziert.
Zudem führt das Landgericht eine weitere Entscheidung des BGH an (BGH, GRUR 2017, 798 – AIDA Kussmund), wonach Fotografien aus dem Blickwinkel eines Kreuzfahrtschiffes aus von der Panoramafreiheit gedeckt sind. Die Argumentation lautet also: Wenn Fotografien von allgemein zugänglichen Gewässern zulässig sind, warum dann nicht auch Fotografien aus dem Luftraum? Schließlich ist die Nutzung des Luftraums bekanntlich nach § 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz grundsätzlich frei. Eine Unterscheidung zwischen der Wahrnehmung eines Werks von einem Gewässer aus oder aus dem Luftraum erscheint daher nicht sachgerecht.
Bei der Panoramafreiheit muss zudem die technische Entwicklung berücksichtigt werden, wie der Gesetzgeber auch im Hinblick auf Luftbildaufnahmen von nicht urheberrechtlich geschützten Werken anerkannte. So war es bis 1990 noch verboten, von einem Luftfahrzeug aus, außerhalb des Flugverkehrs, Luftbildaufnahmen zu fertigen. Der Gesetzgeber erkannte jedoch, dass angesichts der heutigen Satelliten- und Fototechnik ein solcher Genehmigungsvorbehalt nicht mehr zeitgemäß ist. Diese Entwicklung muss auch im Urheberrecht beachtet werden, so das Landgericht. Die Einschränkung der Panoramafreiheit ist somit nach Auffassung der Frankfurter Richter nicht richtlinienkonform.
Handlungsempfehlung aufgrund des Urteils:
Grundsätzlich können sich Fotografen für ihre Drohnenfotos mithin auf die Panoramafreiheit berufen. Fotografen müssen sich daher nicht länger Gedanken darüber machen, mit der Veröffentlichung ihrer Drohnenfotos gegen Urheberrechte zu verstoßen. Das LG Frankfurt ließ allerdings offen, ob die Panoramafreiheit auch für den Luftraum eingeschränkt werden muss, wenn Hindernisse den Sichtzugang auf das Werk vom Boden aus beschränken (z.B. Hecken oder Zäune). Ob das Werk dann tatsächlich „der Allgemeinheit gewidmet“ ist, ist fraglich. Im Zweifelsfall sollte nicht davon auszugehen sein, dass die Panoramafreiheit in diesem Fall für Luftaufnahmen gilt. Fotografen sollten sich daher vergewissern, dass das Fotomotiv tatsächlich nicht durch einen vom Boden aus erkennbaren Sichtschutz von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird.
Das Urteil im Volltext kann hier abgerufen werden,
Ihr Ansprechpartner zu Fragen zum Einsatz unbemannter Luftfahrtsysteme: Dr. Oliver Heinrich