Das Neue Wärmeplanungsgesetz: die Folgen im Datenschutz
Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärme“ (Wärmeplanungsgesetz; kurz: WPG-E), das eine Ergänzung zum Gebäudeenergiegesetz darstellt. Am 16.8.2023 hat das Bundeskabinett einem Gesetzesentwurf des Bundesbauministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums zugestimmt. Bereits im Mai diesen Jahres war ein Referentenentwurf bekannt geworden, der jedoch aufgrund seines datenschutzrechtlichen Programms erhebliche Kritik auslöste. Mit dem aktuellen, überarbeiteten Entwurf werden viele dieser Kritikpunkte adressiert.
In unserem Beitrag stellen wir das geplante Wärmeplanungsgesetz vor und erörtern die zentralen datenschutzrechtlichen Fragen, die damit einhergehen.
Die Energiewende und die Rolle der Kommunen
Die Materie betrifft die Energiewende und soll das kürzlich verabschiedete und teilweise umstrittene Gebäudeenergiegesetz besser mit kommunalen Plänen zur CO2-Reduktion verzahnen. Das Gebäudeenergiegesetz setzt einen neuen rechtlichen Rahmen für die Installation neuer Gas- und Ölheizungen und bestimmt, dass ab dem Jahr 2024 der Einbau neuer Gasheizungen nur noch unter bestimmten Bedingungen rechtlich zulässig ist.
Angesichts der Entwicklungen bei privaten Heizungen möchten Hauseigentümer:innen beispielsweise wissen, ob in absehbarer Zukunft in ihrem Bereich ein kommunales Fernwärmenetz errichtet wird, bevor sie in eine alternative und noch erlaubte Heizung investieren. Bei dem Umstieg auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung spielen die Kommunen eine zentrale Rolle, da die Versorgung mit Wärme anders als die Stromversorgung dezentral organisiert und abhängig von lokalen Gegebenheiten ist. Aus diesem Grund soll das Wärmeplanungsgesetz den Kommunen gesetzlich vorschreiben, Potenziale für die Bereitstellung von Fernwärme zu untersuchen und Wärmepläne entwickeln.
Die kommunale Wärmeplanung ist kein neues Instrument. Einige Städte und Gemeinden stellen bereits eigene Wärmepläne auf, um durch die Ermittlung des Wärmebedarfs die eigenen Strukturen zu Fern- und Nahwärme effizient auszubauen. Auch die Wärmepläne, die der Gesetzesentwurf vorsieht, dienen dem Ziel, im Gebäudebereich der Klimaneutralität näher zu kommen. Ziel der Bundesregierung ist es, die Wärmenetze bis 2045 vollständig auf die Nutzung erneuerbarer Energien umzustellen (§ 1 WPG-E). Dabei soll das Wärmeplanungsgesetz unterstützen.
Die Umsetzung des Wärmeplanungsgesetzes auf kommunaler Ebene
Das geplante Wärmeplanungsgesetz legt die Rahmenbedingungen für die Wärmeplanung in Gemeinden fest. Die Wärmepläne müssen für Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohner:innen bis spätestens zum 30. Juni 2026 und für allen anderen Gemeinden bis zum 30. Juni 2028 (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 WPG-E) erstellt werden. Zudem sind Erleichterungen vorgesehen, z. B. ein vereinfachtes Verfahren für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner:innen oder wenn kommunale Wärmepläne bereits vorliegen (§§ 4 Abs. 3, 22 WPG-E; § 5 WPG-E).
In der Regel werden die Kommunen für die Erstellung der Wärmepläne verantwortlich sein, da ihnen diese Aufgabe von den hauptsächlich zuständigen Ländern (§ 4 Abs. 1 WPG-E) übertragen wird. Die Wärmepläne setzen sich hauptsächlich aus zwei Schritten zusammen: der Bestandsanalyse und der Potenzialanalyse (§ 20 Abs. 1 WPG-E). Zunächst sollen die planungsverantwortlichen Stellen in einer Bestandsanalyse für abgegrenzte Gebiete den aktuellen Endverbrauch, die dafür genutzten Energieträger (also beispielsweise Öl oder Gas), die vorhandenen Wärmeerzeugungsanlagen und bestehende Energieinfrastruktur untersuchen (§ 15 und Anlage 2 I. WPG-E). Anschließend sollen im Rahmen einer Potenzialanalyse Möglichkeiten ermittelt werden, wie in diesem Gebiet künftig Wärme aus erneuerbaren Energien gewonnen, unvermeidbare Abwärme genutzt und Wärme zentral gespeichert werden kann (§ 16 und Anlage 2 II. WPG-E). Die Erstellung der Bestandsanalyse erfordert es, dass Informationen über die Heizungen und den Energieverbrauch in Privathaushalten erhoben werden können.
Datenerhebung und Datenschutz im Gesetzesentwurf
Die planungsverantwortlichen Stellen benötigen aktuelle, richtige und genaue Daten, um in den Wärmeplänen und den vorausgehenden Analysen zutreffende Aussagen über den Wärmebedarf und die bestehende Infrastruktur in den Kommunen treffen zu können. Der Gesetzesentwurf trifft daher detaillierte Regelungen darüber, welche Daten bereitgestellt werden müssen (Anlage 1 zu WPG-E) und schafft die Rechtsgrundlage und Rahmenbedingungen für die Verarbeitung der Daten zum Zwecke der Wärmeplanung (§§ 10, 11, 12 WPG-E).
Für die Erstellung der Wärmepläne dürfen die planungsverantwortlichen Stellen nach Anlage 1 des Gesetzesentwurfs folgende Daten erheben:
- Gemittelte jährliche Gas- oder Wärmeverbräuche der letzten drei Jahre in Kilowattstunden pro Jahr (Nr. 1),
- Informationen zur dezentralen Wärmeerzeugung mit Verbrennungstechnik, dazu zählt beispielsweise die Art der Wärmeerzeugung, wie zentrale Brennwertkessel oder Thermen, und die Wärmeleistung der eingesetzten Heizmethode (Nr. 2),
- Gebäudeinformationen, wie Lage, Nutzung, Nutzfläche und Baujahr eines Gebäudes (Nr. 3),
- Informationen zu industriellen, gewerblichen oder sonstigen Unternehmen, die Wärme in ihren Prozessen einsetzen, oder unvermeidbare Abwärme erzeugen, wie deren jährlicher Wärmeverbrauch oder welche Energieträger eingesetzt werden (Nr. 4),
- Informationen zu bereits bestehenden, konkret geplanten oder bereits genehmigten Wärmenetzen, Wärmeerzeugern, Gasnetzen und bestimmten Stromnetzen; hierzu zählen Informationen wie die konkrete Lage, die Leistungsfähigkeit und Auslastung der jeweiligen Energieinfrastruktur (Nr. 5, 6, 7),
- Weitere Informationen zu der lokalen Infrastruktur, wie Niederspannungsnetze, Kläranlagen, Abwassernetze und städtebauliche Planungen (Nr. 8-11).
Die auskunftspflichtigen Stellen, also beispielsweise Behörden, Energieversorgungsunternehmen oder Schornsteinfeger (§ 11 Abs. 1 WPG-E), erheben die Daten nicht auf Anfrage, sondern stellen nur solche Daten bereit, die ihnen bereits vorliegen (§ 10 Abs. 3 WPG-E). Für Zwecke der Wärmeplanung können die erforderlichen Daten aus verschiedenen Quellen gewonnen werden, darunter Statistikämter, Plattformen von Bundes- oder Landesbehörden sowie aus dem Gebäuderegister, Grundbuch oder Liegenschaftskataster sowie anderen öffentlichen Datenbanken oder Netzwerken (§ 10 Abs. 3 WPG-E). Für gebäudebezogene Informationen gilt zudem, dass bei Einfamilienhäusern die Daten nur zusammengefasst für mindestens 5 Hausnummern erhoben werden dürfen (Anlage 1 und § 10 Abs. 2 WPG-E). Der ursprüngliche Referentenentwurf sah vor, detaillierte Daten von jedem Haus („gebäudescharf“) zu erheben und erntete hierfür von mehreren Seiten Kritik. Der aktuelle Ansatz, mit bereits vorhandenen Daten Bedarfsschätzungen durchzuführen, verzichtet auf umfassende Einzelerhebungen und ist aus datenschutzrechtlicher Sicht positiv hervorzuheben, da so die Privatsphäre der Bürger:innen stärker geschützt wird.
Die planungsverantwortlichen Stellen müssen bei der Verarbeitung der Daten aus Anlage 1 bestimmte Voraussetzungen beachten und Datenschutzmaßnahmen ergreifen. Zum einen schreibt der Entwurf vor, dass Informationen zum Endenergieverbrauch von Gas und Wärme nur erfasst werden dürfen, wenn sie keine personenbezogenen Daten enthalten (§ 10 Abs. 2 WPG-E). Das ist aus dem Grund sinnvoll, da Informationen über den Endenergieverbrauch einzelner Haushalte beispielsweise in Kombination mit Meldedaten Rückschlüsse auf die persönliche Haushalts- und Lebensführung zulassen und daher einen sensiblen Bereich berühren. Andere Daten, die die planungsverantwortliche Stelle erhebt und die einen Personenbezug aufweisen müssen, sobald möglich pseudonymisiert oder, wenn der Zweck der Verarbeitung dies zulässt, anonymisiert werden (§ 12 Abs. 2 S. 1 WPG-E). Sobald personenbezogene Daten nicht mehr benötigt werden (selbst, wenn sie pseudonymisierter oder anonymisierter wurden), müssen sie umgehend gelöscht werden (§ 12 Abs. 2 S. 2 WPG-E). Bei der Veröffentlichung der Wärmepläne dürfen schließlich keine personenbezogenen Daten mehr enthalten sein, gleiches gilt außerdem für Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse und vertrauliche Informationen zu Kritischen Infrastrukturen (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 WPG-E). Schließlich muss die planungsverantwortliche Stelle auch geltende nationale oder unionsrechtliche Datenschutzvorschriften beachten und nach dem Stand der Technik geeignete technische und organisatorische Datenschutzmaßnahmen ergreifen (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WPG-E).
Fazit zum Wärmeplanungsgesetz
Der Entwurf zum Wärmeplanungsgesetz hat eine hohe datenschutzrechtliche Relevanz, da umfangreiche Verarbeitungen von Daten beispielsweise zum privaten Energieverbrauch oder zu Wohngebäuden vorgesehen sind. Zwar werden in dem Entwurf verstärkte Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz personenbezogener Daten verankert, wie beispielsweise der Bündelung von Informationen über Einfamilienhäusern und der Anonymisierung personenbezogener Daten. Der aktuelle Gesetzesentwurf geht damit einen mit dem Datenschutzrecht verträglicheren Weg, insbesondere indem auf eine Erhebung gebäudescharfer Grundstücks- und Wärmenutzungsdaten verzichtet wird. Gleichwohl werden die planungsverantwortlichen Stellen sensible und schützenswerte Daten wie Informationen über bauliche Gegebenheiten oder den Energieverbrauch in bestimmten Wohngebieten verarbeiten und umfangreiche und detaillierte Datensätze schaffen. Aufseiten der Behörden wird es daher nach wie vor wichtig sein, die vorgegebenen Datenschutzmaßnahmen zu befolgen, um die Privatsphäre der Betroffenen zu schützen und Missbrauch oder unbefugten Zugriff auf die erhobenen Daten zu verhindern.
Der Gesetzesentwurf und seine datenschutzrechtlichen Implikationen sind besonders relevant für die auskunftspflichtigen Stellen wie Behörden oder Schornsteinfeger und für die planungsverantwortlichen Stellen auf Ebene der Kommunen. Auf die betroffenen Stellen kommen eine Reihe an Pflichten und Vorgaben zu, die sie bei der Bereitstellung der erforderlichen Daten bzw. bei der Erstellung der Wärmepläne beachten müssen.
Das Wärmeplanungsgesetz befindet sich nach dem Kabinettsbeschluss nun im parlamentarischen Verfahren. Am 29. September soll das Gesetz im Bundestag beraten werden und gemeinsam mit dem Gebäudeenergiegesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Ihr Experte für Datenschutzrecht
Dr. Matthias Lachenmann, Rechtsanwalt | Partner
Telefon: +49 221 / 270 956 – 180, E-Mail: matthias.lachenmann@bho-legal.com