Generalanwalt des EuGH zur Ahlhorn-Rechtsprechung
In der EuGH-Rechtssache C-451/08 (Helmut Müller GmbH ./. BImA) hat der Generalanwalt Pablo Mengozzi in seinen Schlussanträgen vom 17.11.2009 zu dem Vorabentscheidungsersuchen des OLG Düsseldorf Stellung genommen. Das OLG Düsseldorf ersucht den EuGH insbesondere um eine verbindliche Bewertung der Frage zur Vergabepflichtigkeit von kommunalen Immobiliengeschäften. Der Generalanwalt schlägt dem Gerichtshof nun eine von der Ahlhorn-Rechtsprechung abweichende Lösung vor.
I. Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Sachverhalt verkaufte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) eine Liegenschaft an einen Interessenten, ohne zuvor ein förmliches Vergabeverfahren durchgeführt zu haben. Die Nutzungsmöglichkeiten der Liegenschaften waren mit der Stadt abzustimmen gewesen. Hierzu wurden von den Bietern verschiedene Nutzungskonzepte vorgestellt. Die Stadt stellte auch in Aussicht, ein Aufstellungsverfahren für entsprechende Bebauungspläne einzuleiten. Die künftigen Nutzungsmöglichkeiten wurden im Kaufvertrag jedoch nicht verankert.
Ein nicht berücksichtigter Mitbieter rügte nun den Verkauf der Liegenschaft insbesondere im Hinblick darauf, dass kein Vergabeverfahren stattgefunden habe.
II. Bisherige Rechtslage: Ahlhorn-Rechtsprechung
In einer Reihe von Entscheidungen des OLG Düsseldorf, angefangen von der Entscheidung vom 13.06.2007 – Flugplatz Ahlhorn, forderte das Gericht ein Vergabeverfahren nach Richtlinie 2004/18/EG für Veräußerungen von kommunalen Immobilien durch die öffentliche Hand. Ausreichend sei, dass die öffentliche Hand durch die Veräußerung eine Verfügbarkeit für einen öffentlichen Zweck sicherstellt. Dies sei schon damit gegeben, wenn etwa eine Bauverpflichtung des Investors im Kaufvertrag vorgesehen ist.
III. Ansichten des Generalanwalts Mengozzi
1. Nach Ansicht des Generalanwalts setzt das Vorliegen eines öffentlichen Bauauftrags oder einer öffentlichen Baukonzession i.S.d. Richtlinie 2004/18/EG voraus, dass eine unmittelbare Verbindung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den zu realisierenden Arbeiten oder Werken vorliegt. Eine unmittelbare Verbindung kann darin begründet sein, dass das geplante Bauwerk von der öffentlichen Hand später erworben werden soll oder ihr einen wirtschaftlichen Nutzen einbringt. Auch wenn die öffentliche Verwaltung die Initiative für die Errichtung ergreift oder teilweise finanziell unterstützt, kann eine unmittelbare Verbindung angenommen werden. Geht dabei die Leistung der öffentlichen Verwaltung über ihre normalen städtebaulichen Befugnisse hinaus, fällt die Veräußerung in den Anwendungsbereich der Vergaberichtlinie. Eine gewöhnliche städtebauliche Gestaltung begründe dagegen noch keine unmittelbare Verbindung. Im vorliegenden Fall wurde eine unmittelbare Verbindung verneint.
2. Darüber hinaus muss im Kaufvertrag stets die einklagbare Verpflichtung zur Erbringung der Leistung durch den Käufer vereinbart sein. Fehlen Durchsetzungsmöglichkeiten wie etwa Sanktionen wie im vorliegenden Sachverhalt, so ist ein öffentlicher Bauauftrag zu verneinen.
3. Zur Frage der Zulässigkeit von unbefristeten Konzessionen nach dem Gemeinschaftsrecht führt der Generalanwalt aus, dass Voraussetzung für das Vorliegen einer Baukonzession sei , dass lediglich ein befristetes Nutzungsrecht übertragen wird. Ist der Eigentümer, der demnach bereits Inhaber eines dauerhaften Rechts ist, Konzessionär, so liegt grundsätzlich keine öffentliche Baukonzession vor. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die öffentliche Verwaltung nach nationalem Recht nach Ablauf einer bestimmten Zeit ein Eigentumsrecht oder eine eigentumsähnliche Position erwirbt.
4. Die Veräußerung und die darauffolgende Bauauftrags- bzw. Konzessionsvergabe sind somit als getrennte Handlungen rechtlich zu würdigen. Ausnahmsweise ist jedoch eine Betrachtung im Gesamtkontext geboten, wenn es klare Hinweise darauf gibt, dass das Gemeinschaftsrecht umgegangen werden soll. Dann kann der als einzige Rechtshandlung bewertete Sachverhalt dem Vergaberecht unterfallen.
Quelle: https://www.dstgb-vis.de/