EU-Ministerrat fordert tiefgreifende Analyse des Vergaberechts und Aktionsplan
Der Rat der europäischen Union hat in seiner Sitzung am Freitag, den 24. Mai 2024, Schlussfolgerungen zum im Dezember letzten Jahres veröffentlichten Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs zum öffentlichen Auftragswesen in der EU im Zeitraum von 2011-2021 angenommen. Die Minister der 27 Mitgliedsstaaten begrüßten darin den Bericht des Rechnungshofes und forderten eine Vereinfachung der Vergaberechtsregulierung und eine Verbesserung des Vergabesystems.
Die Minister fordern die Kommission dazu auf, eine tiefgreifende Analyse der bestehenden EU-rechtlichen Vorgaben zum Vergaberecht durchzuführen. Die Analyse soll dabei auch offenlegen, ob eine Reform in der nächsten EU-Legislaturperiode (2024-2029) notwendig ist, um die Nachhaltigkeitsziele der EU bis 2030 zu erreichen. Dabei soll auch beachtet werden, dass ein Bedarf an klaren Regeln für die Behandlung von Produkten und Unternehmen aus dem EU-Ausland bestehe. Die Minister fordern, dass, wo angemessen, der Verwaltungsaufwand und damit die damit zusammenhängenden Kosten reduziert werden sollten. Außerdem soll die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten die Qualität und Lesbarkeit der gesammelten Daten über öffentliche Aufträge verbessern. Die Minister fordern die Kommission auf, vorhandene technische Werkzeuge zu nutzen, um eine schnelle Veröffentlichung von Bekanntmachungen im Amtsblatt zu ermöglichen. Die Kommission wird außerdem aufgefordert einen EU-weiten Aktionsplan für die öffentliche Auftragsvergabe zu erstellen, der die notwendigen künftigen Schritte auf der Ebene der EU, ggf. in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten, aufzeigt.
Der im Dezember 2023 veröffentlichte Bericht des Europäischen Rechnungshofes stellte fest, dass der Wettbewerb um öffentliche Aufträge in den Jahren 2011 bis 2021 abgenommen hatte. Der Rechnungshof kritisierte die hohe Zahl der Direktaufträge und Verfahren mit nur einem Bieter in der EU. Problematisch sei auch die Tatsache, dass nur ein geringer Anteil der Verträge an kleine und mittelständische Unternehmen vergeben würde und dass Vergabeverfahren selten zur Erreichung von strategischen Zielen (Innovations-, Nachhaltigkeits- und sozialen Zielen) eingesetzt werden würden. Der Rechnungshof stellte außerdem fest, dass nur wenige Aufträge an Unternehmen eines anderen Mitgliedsstaates vergeben werden würden. Kritikwürdig sei außerdem das unzureichende Monitoring des Marktes für öffentliche Aufträge durch die Kommission und die Mitgliedsstaaten.
Der Ministerrat betonte in seinen Schlussfolgerungen besonders, dass der Markt für öffentliche Aufträge aufgrund seiner Größe (14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU) eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der strategischen Ziele der EU zukommt, insbesondere was die Resilienz- und Nachhaltigkeitsziele angeht. Außerdem wies er daraufhin, dass beachtet werden müsse, dass aus dem Bericht hervorgeht, dass die Probleme in den Mitgliedsstaaten in unterschiedlichem Ausmaß bestehen. Tatsächlich hat sich die Zahl der im Amtsblatt der EU bekanntgegebenen Direktvergaben laut dem Bericht in einigen Mitgliedsstaaten erheblich erhöht (Beispiel Zypern: Von ca. 5 Prozent auf 42,3 Prozent der öffentlichen Aufträge), in anderen stark verringert (Beispiel Slowakei: von ca. 25 Prozent auf ca. 8 Prozent). In Deutschland hat sich die Zahl der direkt vergebenen Aufträge ebenfalls stark verringert (von ca. 35 Prozent auf ca. 19 Prozent). Die Anzahl der Vergabeverfahren mit nur einem Bieter hat sich wiederum in nahezu allen Mitgliedsstaaten, auch in Deutschland, erhöht (Ausnahmen: Slowakei, Kroatien, Malta). In beiden Kategorien schneidet Deutschland schlechter ab als der EU-Durchschnitt.
Quellen:
Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes „Öffentliches Auftragswesen in der EU: Weniger Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen, Waren und Dienstleistungen im Zeitraum 2011–2021“: https://www.eca.europa.eu/ECAPublications/SR-2023-28/SR-2023-28_DE.pdf
Schlussfolgerungen zu dem Sonderbericht:
Pressemitteilung: https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2024/05/24/council-adopts-conclusions-on-the-court-of-auditors-report-on-public-procurement/
Schlussfolgerung: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9963-2024-INIT/en/pdf
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